Atypische Weidemyopathie – Ist der Bergahorn verantwortlich für zahlreiche Todesfälle von Weidepferden?

Laub auf der Weide

Laub auf der Weide sollte vermieden werden. Hier ist es zum Glück kein Bergahorn

Im Herbst mehren sich wieder die Meldungen von mysteriösen Todesfällen von Pferden, die viel auf der Weide stehen. Statt der oft vermuteten böswilligen Vergiftung durch Menschenhand, liegen die Ursachen anderswo und die Diagnose  lautet: atypische Weidemyopathie. Dabei handelt es sich um eine schwere Erkrankung des Muskelgewebes, die in den meisten Fällen zum schnellen Tod der Tiere führt.  Der Kreuzverschlag ist vielen Reitern als Myopathie bekannt. Er tritt nach großen Belastungen (z.B. ein Turnierwochenende) gefolgt von zu wenig Bewegung auf, und wird daher umgangssprachlich als Montagskrankheit bezeichnet, weil einige Reiter nach einem anstrengenden Turnierwochenende am Montag zu faul sind, ihr Pferde zu bewegen. Bei der atypischen Variante der Krankheit ist im Vorfeld keine erhöhte Belastung beobachtet worden. Vielmehr hatten alle betroffenen Pferde ausgiebigen Zugang zur Weide. Daher lautet die Bezeichnung atypische Weidemyopathie. In der Fachliteratur wird europaweit der Begriff  Equine Atypical Myopathy, verwendet, in der Literatur Amerikanischen Ursprungs die Bezeichnung Seasonal pasture myopathy

Krankheitsbild und Symptome

Bei der atypischen Weidemyopathie handelt es sich um eine Muskelerkrankung, bei der das Muskelgewebe durch Toxine zerstört wird. Folgende Symptome treten bei betroffenen Tieren auf:

  • Steifheit
  • Muskelzittern
  • Schweißausbrüche
  • Erhöhte Herzfrequenz
  • Apathie
  • Festliegen und Streckkrämpfe ähnlich wie bei einer Kolik bei normalen Darmgeräuschen
  • Ausscheiden von dunklem Harn

Ursachen – sind Pferde im Offenstall besonders gefährdet?

Bei den erkrankten Pferden wurden folgenden Gemeinsamkeiten im Umfeld festgestellt:

  • Ausgiebiger Weidezugang
  • Temperaturstürze oder Frosteinbrüche im Vorfeld der Erkrankung
  • Teilweise schlechter Ernährungszustand
  • Weiden oft in schlechten Zustand, verbissen und matschig
  • Zugang zu abgestorbenen Bäumen oder Baumrinde
  • Bergahorn wächst in Weidenähe oder auf der Weide

Die genaue Ursache für die atypische Weidemyopathie ist noch nicht abschließend geklärt. Klar ist, dass die Myopathie durch eine Vergiftung hervorgerufen wird. Teilweise werden Toxine, die von dem in vielen Böden vorkommendem Bakterium Clostridium Sordellii stammen, als Ursache vermutet.

Neuere Forschungsarbeiten (Valberg et. al. 2013 sowie Votion,et.al. 2013 ) vertreten die These, dass die Ursache in der Aminosäure Hypoglycin A zu suchen ist. Hypoglycin A führt sowohl bei Ratten als auch bei Menschen zu schweren Muskelerkrankungen. Das Abbauprodukt von Hypoglycin A Methylene cyclopropyl acetic acid (kurz: MCPA) stört den Fettstoffwechsel in Muskelzellen. In Blut und Urinproben von verendeten Tieren wurden hohe Konzentrationen von MCPA nachgewiesen.

Hypoglycin A findet sich in den Samen des Bergahorns (Acer pseudoplatanus – in Europa anzutreffen) und in Samen des Eschen-Ahorns (Acer negundo – auf dem amerikanischen Kontinent). Vermutet wird, dass betroffene Pferde mangels anderweitigem Nahrungsangebot die Samen zusammen mit ihren 2-3cm langen grünen Flügelblättchen gefressen haben.

Prognose und Behandlung

Die Prognosen für erkrankte Pferde sind denkbar schlecht. Je nach Datenbasis wird von einer Sterblichkeitsrate von über 75% oder sogar über 90% gesprochen. Die meisten Pferde sterben innerhalb von 72 Stunden nach Ausbruch der Krankheit, da die Degeneration der Muskulatur schnell voranschreitet.

Gegen die Erkrankung gibt es derzeit keine Therapie Es lassen sich lediglich die Symptome behandeln. Dazu sollten die Pferde an einem warmen und trockenen Ort eingestallt werden. Durch Flüssigkeitszufuhr und andere Maßnahmen kann die Durchblutung der Muskulatur verbessert werden. Entzündungshemmenden Medikamenten und die Unterstützung der Nierenfunktion wird durch entsprechende Medikamente sind weitere Möglichkeiten zur Behandlung.

Vorbeugung

Wie auch bei anderen Vergiftungspräventionsmaßnahmen, z.B. gegen Jakobskreuzkraut, steht hier ein ausreichendes Futterangebot und die Weidepflege im Vordergrund. Empfohlen wird wie bei jeder Haltung im Offenstall:

  • Weiden mit Bergahorn im Herbst möglichst meiden, insbesondere wenn plötzliche Temperaturstürze und Frosteinbrüche angekündigt sind
  • Ausrechend Heu,  Kraftfutter (Müsli) und  Vitamin E zufüttern
  • Pferde mit Leitungswasser tränken
  • Intensive Weidepflege

 

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